
Grüner wird’s nicht: Warum mein Bild vom Konzernleben ins Wanken geraten ist
Verwaltung? Langsam, schwerfällig, von Befindlichkeiten gesteuert. Konzern? Schnell, effizient, professionell. So zumindest meine bisherige Vorstellung.
Doch nach zwei intensiven Teamentwicklungs-Workshops in einem internationalen Großunternehmen muss ich dieses Bild revidieren.
Ja, Verwaltung ist oft ein zähes Terrain. Allüren werden ausgesessen, Change-Prozesse kleben in der Genehmigungsschleife, und wer einmal drin ist im System, bleibt meist auch drin.
Aber: Der Konzern ist nicht das bessere Gegenteil.
Auch hier gibt es sie: die chronisch Unmotivierten, die nicht etwa verabschiedet, sondern mitgeschleppt werden. Entscheidungen, die weniger von menschlicher Vernunft als von nacktem Zahlenmaterial abhängen. Und eine Arbeitsatmosphäre, die nicht allein durch Prozesse, sondern durch Persönlichkeiten bestimmt wird – wie überall.
Interessant sind die Unterschiede im Umgang mit Teamentwicklung. Im Konzern scheint das Budget großzügiger bemessen zu sein. So großzügig, dass manche schon Workshopmüdigkeit entwickeln. In der Verwaltung dagegen muss man für jeden Workshopcent argumentieren, rechtfertigen, kämpfen.
Und natürlich, die Konzernlogik verlangt ständige Reorganisation. Neue Chefs, neue Strukturen, neue Namen für alte Probleme. Vier Vorgesetzte in einem Jahr sind keine Ausnahme. Das erzeugt Tempo, ja – aber auch Erschöpfung.
Veränderungsmüdigkeit ist kein Zeichen von Bequemlichkeit. Sondern ein nachvollziehbarer Reflex auf ständige Umbrüche.
Im Kontrast dazu die Verwaltung: stabil, vorhersehbar, manchmal frustrierend konstant. Doch diese Trägheit birgt auch Vorteile. Wer nicht permanent um seinen Platz bangen muss, kann sich auf Inhalte konzentrieren und geht entspannter zur Arbeit.
Der Königsweg liegt wohl genau dazwischen.
Beide Welten haben ihre Schatten und ihre Lichtseiten. Was ich jetzt definitiv weiß: Das Gras ist nicht grüner auf der Konzernseite. Es ist nur anders gemäht.
Pauschalurteile taugen also weder für Organisationen noch für Menschen. Wer etwas bewegen will, muss den jeweiligen Kontext verstehen und die richtigen Fragen stellen.
Zum Beispiel: Welche Aufgaben können wir löschen oder an KI delegieren, um echte Entlastung zu schaffen? Und wer oder was steht dem im Weg?
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